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10. Februar 2013 7 10 /02 /Februar /2013 18:47

Die Evolution wird zum patentierbaren Verfahren, die Lebewesen werden zu Handelsware, und das Patentamt und Megakonzerne verwalten die Natur.

Bis 1980 galt ein Lebewesen für das US-amerikanische Patentamt (Patent and Trademark Office PTO) nicht patentierfähig. Ein Lebewesen galt als etwas grundsätzlich anderes als irgendeine Maschine, ganzgleich ob ein Genetiker seine Finger bei der Erzeugung im Spiel hatte. Zugrunde lag dabei die wichtige Erkenntnis, dass das Wichtigste beim Lebewesen das Leben selbst sei und dass gerade dies nie vom gentechnischen Erfinder stammt, sondern von der Mutter Natur. Und da die Mutter Natur bekanntlich keine Lizenzgebühr erhebt, kann sich auch der Erfinder, der sich ihrer Erfindungen bedient, nichts beanspruchen.

1980 vollzog das Patent einen grundlegenden Wandel in seiner Einstellung. Es gab dem Mikrobiologen Chakrabarty ein Paten auf das von ihm neu hergestellte, zuvor in der Natur nicht vorhandene Bakterium, und das Patentamt fügte sogar hinzu, alles auf der Welt, was von Menschen gemacht sei (anything under the sun that is made by man), sei grundsätzlich patentierbar. Es wurde neben dem Verfahrensschutz erstmals auch ein Sachanspruch auf ein Bakterium erteilt.

Doch bis 1985 schränkte sich das Patentamt in seinen neuen Grundsatz ein und patentierte nur Mikroorganismen. Es weigerte sich strikt und standhaft, Patentbegehren für Pflanzen und gar Tiere stattzugeben.

Erst 1985 vollzog das Patentamt einen zweiten Wandeln und ließ wenigstens Pflanzen zur Patentierung zu. Damit war der Bann endgültig gebrochen. Schon zwei Jahre später – im April 1987 entschied das Patentamt endgültig, dass kein gentechnisch erzeugtes Lebewesen, und sei es auch noch so groß, der Patentschutz verweigert werden dürfte.

In der Landwirtschaft haben wir seit dem das zunehmende Problem, das durch die Patentierbarkeit von Pflanzen von Firmen wie Monsanto die Nahrungsmittelsouveränität eingeschränkt und die Landwirte in die Abhängigkeit der Megakonzerne getrieben werden.

1995 trat das internationale TRIPS-Abkommen in Kraft – die Megakonzerne sahen den Reichtum als etwas, das sich aus der Verfügung über Abstraktionen wie beispielweise Patente ergibt. Ein entscheidender Einfall war, dass man als Besitzer eines Patents für zB eine genetisch veränderte Kuh, in einer neuen Art und Weise über die Wertschöpfungskette herrscht. Anstatt Wert von den Herden abzuschöpfen, indem mensch das Weideland und die Kühe selbst besitzt, mit aller Arbeit, allen Fixkosten und Risiken, verfolgt der nennen wir ihn Biofeudalist die Absicht, das in Besitz zu nehmen, was die Kühe produktiv macht. Dasselbe ist mit dem Internet geplant, in dem zB. Türhüter-Software in neue Eigentumsformen überführt wird. Der Mensch soll für den Zugang zahlen, entweder zum Netz oder zur Nutzung von produktiven Kühen.

1998 trat nach einem zehnjährigen Entwurfstadium die EU-Richtlinie 98/44/EG, die sogenannte Biopatenrichtlinie in Kraft. Hier ist besonders die Patentierbarkeit humangenetischer Erfindungen in der Diskussion, die Unterscheidung zwischen Entdeckung und Erfindung.

Noch hat das Patentamt dem Menschen eine Sonderstellung eingeräumt, noch ist er nicht patentierbar. Aber es ist wenn wir nicht aufpassen nur eine Frage der Zeit, wenn Huxley Vision der schönen neuen Welt in seiner genetische Variante realisiert wird.

 

*Der erste Teil wurde größten Teils aus dem Buch von Jürgen Dahl „Die Verwegenheit der Ahnungslosen. Über Genetik, Chemie und andere schwarze Löcher des Fortschritts“ entnommen, der letzte Teil dem Buch von Dietmar Dath „Maschinenwinter, Wissen, Technik, Sozialismus. Eine Streitschrift“

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